Vertrieb als Nebeneffekt

Technisch orientierte Unternehmen priorisieren im Vertrieb oft falsch

Der industrielle Mittelstand lebt von der Kompetenz seiner Entwickler, Konstrukteure und Techniker. Der Ehrgeiz, Produkte mit guter Qualität und technischer Raffinesse zu entwickeln, ist oft der Kern des unternehmerischen Handelns. Oft ist es sogar der Grund warum das Unternehmen gegründet wurde.

In diesem Zusammenhang lässt sich die oft ausgeprägte Schwäche im Vertrieb von technisch orientierten Unternehmen erklären. Diese Unternehmen, die meist von Ingenieuren und Technikern dominiert werden, tun sich schwer mit Marketing und Vertrieb. Vertrieb wird als „nachrangige“ Aufgabe der Konstruktion und Entwicklung verstanden.

 

In unserer Praxis begegnen uns oft folgende Phänomene:

  • Starker Fokus auf die eigenen Produkte und Entwicklung bei geringer Beachtung des Wettbewerbs.
  • Die Einstellung: Gute Produkte verkaufen sich von alleine.
  • Ein mangelhaftes Verständnis von Preispolitik und eine starre Preisfindung basierend auf einer einfachen Kalkulation.
  • Fehlende Vertriebssteuerung und starre Zielvorgaben.
  • Enttäuschte Kunden aufgrund verpasster Termine aufgrund einer unzureichenden Verzahnung von Produktion und Verkauf sowie mangelhafte kaufmännische Betreuung.

 

Jeder der genannten Punkte birgt Risiken und bremst das Unternehmen in seiner Entwicklung. Diese Risiken werden durch die zunehmend transparenten sowie preis- und terminsensiblen Märkte verstärkt:

  • Informationen über Wettbewerber und deren Produkte sind schnell und kostenlos im Internet abrufbar
  • Hersteller aus Osteuropa und der Türkei bieten verstärkt wertschöpfungsintensivere und komplexere Produkte an.
  • Die Hemmschwelle zum Lieferantenwechsel sinkt in den Einkaufsabteilungen.
  • Kürzere Produktlebenszyklen bieten die Möglichkeit die Zulieferer öfter auszutauschen.

 

Betriebsblindheit als weiterer Hinderungsfaktor

Hinzu kommt, dass die übliche Betriebsblindheit in diesem Zusammenhang besonders ausgeprägt und hartnäckig ist. Eine schnelle Lösung oder ein Patentrezept gibt es für diese „Vertriebsschwäche“ nicht. Einige Veränderungen haben sich bei unseren Projekten im Vertrieb als erfolgreich erwiesen:

 

Kundensicht

Wichtig ist, die Kundennachfrage in den Mittelpunkt der Produktentwicklung zu stellen und nicht die eigenen technischen Fähigkeiten. Was sehr trivial klingt hat schon große Unternehmen zum scheitern gebracht. Nicht die technischen Möglichkeiten stehen im Vordergrund, sondern die Produktanforderungen des Kunden.

 

Verzahnung & Austausch

An einer engen Verzahnung von Technik, Vertrieb und Einkauf führt heute kein Weg mehr vorbei. Dabei helfen heute günstige Softwarelösungen, die die Einführung eines teuren ERP Systems nicht unbedingt erforderlich machen. Zur Verbesserung der Prozesse haben sich Prinzipen aus dem Lean Management als günstige und effiziente Lösungen erwiesen.

Einen regelmäßigen (wöchentlichen) Austausch von Technik, Vertrieb und Einkauf – Auftragsstatustermine – zur strukturierten Besprechung der aktuellen Auftragssituation helfen dabei, Probleme direkt und schnell zu lösen.

 

Strategie und Preispolitik

Interessen und Bedarf der Zielgruppen/Zielbranchen sowie die Vor- und Nachteile gegenüber dem Wettbewerber müssen jederzeit klar sein.

Diese und weitere Punkte können in einer Vertriebsstrategie zusammengefasst werden und als Leitfaden für die Produktentwicklung und Vertrieb dienen. Dabei sollte keine wissenschaftliche Arbeiten, sondern kurze und prägnante Strategiepapiere entstehen.

Basierend auf dieser Strategie wird die Preispolitik angepasst und dem Vertrieb ein größerer Freiraum bei der Preisgestaltung gegeben. Im Vordergrund steht dabei nicht, „günstiger“ zu werden, sondern (für den Kunden) „passende“ Preise zu finden.

Nicht die Kalkulation bestimmt den Preis, sondern der Markt!